Rückenwind für erneuerbare Energien

Der Ausbau von Solar- und Windenergie geht mit hohen Investitionen, steigenden Produktionskapazitäten sowie nachhaltigeren und effizienteren Technologien einher. Ein Blick auf Status quo, Potenziale und Akteure.

Für das Jahr 2024 prognostiziert die Internationale Energieagentur (IEA) einen Anstieg der weltweiten Kapazitäten für erneuerbare Energien auf rund 4.500 Gigawatt (GW). Mit einem Gigawatt kann man circa 100.000 Haushalte in Deutschland mit Strom versorgen. Ein Ausbau in diesen Dimensionen erfordert enorme Investitionen, die allein im ersten Halbjahr 2023 um fast ein Viertel gegenüber dem Vorjahreszeitraum gestiegen sind – auf 358 Milliarden US-Dollar. Dies berichtete das Research-Unternehmen BloombergNEF (BNEF).

Regierungen auf der ganzen Welt arbeiten daran, die Energiewende weiter zu beschleunigen. Die Europäische Union zum Beispiel hat sich mit einer Neugestaltung der Richtlinie für erneuerbare Energien 2023 zu einer Verdopplung der Ausbaugeschwindigkeit von Wind- und Solaranlagen bekannt. Die USA haben mit dem Inflation Reduction Act ihre Ausbauziele nach oben korrigiert und gleichzeitig ein 738 Mrd. US-Dollar schweres Investitionsprogramm vorgelegt. Dabei geht es nicht nur um eine möglichst schnelle Kapazitätserweiterung, sondern gleichermaßen um den technologischen Führungsanspruch.

Solarkapazitäten weltweit

Führend bei den weltweiten Investitionen für den Ausbau von Solarenergie ist China. 2022 hat man rund 164 Milliarden US-Dollar investiert und damit über 400 Gigawatt Kapazität erreicht. Die EU folgt mit weniger als halb so viel Leistung auf dem zweiten Platz (s. Grafik, u.). Die IEA schätzt, dass die Volksrepublik 2022 damit wahrscheinlich 6,5 Prozent ihres Strombedarfs durch Sonnenenergie gedeckt hat, in Deutschland waren es 12,4 Prozent. Der Schätzwert ist die „theoretische Solardurchdringung“, die aufgrund der fehlenden Überprüfbarkeit von Standort, Ausrichtung und Witterung der dezentral installierten Solaranlagen die Stromerzeugung unter idealen Bedingungen angibt.

Der Ausbau der Photovoltaik(PV)-Kapazität geht in China schnell voran, weil man großflächige Solarparks baut. Hier befinden sich gleich mehrere der weltweit größten Anlagen mit einer Leistung von bis zu 2 GW. Zum Vergleich: In der EU kommen die leistungsstärksten Solarkraftwerke auf circa 1 GW, in den USA auf noch weniger. Im Arabischen Emirat Dubai entsteht ein Solarkraftwerk, das im Jahr 2030 eine Leistung von 5 GW liefern soll. Das Projekt befindet sich seit 2012 im Bau, fast die Hälfte ist bereits installiert.

Weiterentwicklung der Solartechnologien

Im Zentrum der Weiterentwicklung der Solartechnologie stehen vor allem die Fragen, wie man Effizienz und Nachhaltigkeit von Solarmodulen verbessern sowie bislang nicht geeignete Flächen nutzen kann. Forschung und Entwicklung hat einen stetig höheren Wirkungsgrad von Solarzellen ermöglicht. Neue Technologien, wie die Tandem-Solarzelle, bieten im Vergleich zu den derzeit gängigen Siliziumzellen ein deutlich höheres Potenzial. Die Kombination aus gestapelten Materialien, zum Beispiel Silizium und Perowskit, ermöglicht dabei eine bessere Absorption und Umwandlung des eintreffenden Lichts. Wissenschaftler konnten unter Laborbedingungen zuletzt Wirkungsgrade von über 30 Prozent erreichen – bei gängigen PV-Modulen sind es circa 20 Prozent. Die Herausforderung ist jedoch die Herstellung stabiler und effizienter Perowskit- Schichten – und damit auch die Massentauglichkeit der Tandem-Solarzellen.

In der kalifornischen Mojave-Wüste reflektieren knapp 174.000 Heliostaten mit je zwei Spiegeln das Sonnenlicht auf in ihrer Mitte stehende Solartürme – und erzeugen unter Idealbedingungen 392 MW regenerative Energie

In Europa arbeiten der PV-Anlagen-Hersteller Hanwha Q CELLS und das Helmholtz-Zentrum Berlin gemeinsam an einem Projekt zur Erforschung der Technologie. Auch in den USA unterstützt der Staat die Weiterentwicklung von Tandem-Solarzellen: Das dortige Energieministerium beauftragte im Sommer 2023 das Massachusetts Institute of Technology (MIT) mit der Einrichtung eines auf die Thematik spezialisierten Forschungszentrums. Weitere renommierte Institutionen wie die Princeton University sowie Unternehmen wie der Solarhersteller CubicPV sind beteiligt. CubicPV hat sich auf die Entwicklung von Tandem-Solarmodulen aus Perowskit und Silizium spezialisiert und in einer insgesamt 100 Millionen US-Dollar umfassenden Finanzierungsrunde unter anderem Bill Gates mit dessen Fonds Breakthrough Energy Ventures als Investor gewonnen.

Potenzial von organischen Solarzellen

Eine deutlich nachhaltigere Alternative zu Silizium-basierten Solarzellen könnten die sogenannten organischen Solarzellen bieten. Sie bestehen aus Kohlenwasserstoffverbindungen, sind dadurch leicht, sehr dünn sowie flexibel und für das Anbringen auf gewölbten Dächern, Fahrzeugen oder Flugzeug-Tragflächen geeignet. Bislang war ihr Wirkungsgrad mit 9 Prozent jedoch nicht ausreichend für den Massenmarkt. Das könnte sich nun ändern: Wissenschaftlern in Hongkong ist es gelungen, eine Umwandlung von 19 Prozent der eintreffenden Sonnenenergie in Strom zu erreichen. Dieser hohe Effizienzwert ist laut Professor Karl Leo, einem der führenden Forscher im Bereich Solarzellentechnologie, auf für die Labortests optimierte Materialien zurückzuführen. Laut Leo kommt eine beinahe identische Technologie bei dem von ihm gemeinsam mit fünf weiteren Forschern der TU Dresden im Jahr 2006 gegründeten Solarfolien-Hersteller Heliatek aber bereits in der Praxis zum Einsatz.

Seit 2019 produziert das in Deutschland ansässige Unternehmen organische Solarzellen in Serie. Heliatek-Chef Guido van Tartwijk weist darauf hin, dass die bisher gefertigte Menge mit 2 Millionen Quadratmetern Folie im Vergleich zu Silizium-Zellen zwar gering sei, man ein weiteres Werk jedoch bereits plane. Derzeit ist der Hersteller Weltmarktführer im Bereich organischer Solarzellen und hat 430 Patente auf die Technologie angemeldet, unter anderem für Materialien, Module und Fertigungstechnik.

Windenergie-Ausbaupläne

Auch der Ausbau von Windkraft wird durch gezielte Investitionen und technologische Weiterentwicklungen vorangetrieben. Wie der Global Wind Energy Council (GWEC) verkündete, haben die weltweit betriebenen Windkraftanlagen im Juni 2023 erstmals eine Kapazität von einem Terawatt erreicht. Die Prognose des Verbandes geht von einem weiter starken Wachstum aus (s. Grafik, u.). China will bis zum Jahr 2025 eine Kapazität von 200 GW erreichen und auch der „Inflation Reduction Act“ legt einen Schwerpunkt auf Windparks auf dem Wasser: US-Präsident Joe Biden hat das Ziel von 30 GW bis 2030 und von 110 GW bis 2050 vorgegeben.

Währenddessen wollen die europäischen Nordsee-Anrainerstaaten diese mit einer Leistung von 300 Gigawatt zum „größten Kraftwerk der Welt“ machen. Dazu endete im Sommer 2023 die bis dato größte Ausschreibung für Offshore-Windparks weltweit – mit einem überraschenden Ergebnis: Die Ölkonzerne Total und BP sicherten sich die betreffenden Flächen in Nord- und Ostsee für 12,6 Milliarden Euro. Dabei verzichteten sie auf eine gesetzlich garantierte Einspeisevergütung. Branchenexperten sahen dies als Bestätigung für den wachsenden Marktdruck.

Der in den Niederlanden ansässige Übertragungsnetzbetreiber Tennet hat außerdem angekündigt, 30 Milliarden Euro zu investieren, um diese Windparks mit 14 Offshore-Netzanbindungssystemen anzuschließen.

Repowering für Onshore-Windparks

Für den Ausbau von Onshore-Energie waren die Zahlen im Jahr 2022 leicht rückgängig, was laut GWEC vorrangig auf die USA zurückzuführen war. Dennoch konnte man insgesamt die zweithöchsten Zahlen für Neuinstallationen überhaupt verzeichnen – 71 Prozent davon entfielen auf die Top-5-Märkte: China, die USA, Brasilien, Deutschland und Schweden. Die globale Kapazität belief sich damit Ende des Jahres auf 842 Gigawatt; die GWEC-Prognose sieht eine weitere dynamische Entwicklung voraus.

Um die Ziele für Windkraft an Land zu erreichen, ist neben den Neuinstallationen auch das „Repowering“ wichtig. „Die EU will die Windenergie bis 2050 von heute 200 Gigawatt auf 1.300 Gigawatt ausbauen. Davon entfallen nur etwa 300 Gigawatt auf Offshore und 1.000 Gigawatt auf Onshore“, erklärt der Sprecher des Verbands WindEurope Christoph Zipf. Allein Deutschland plant, ab 2025 jährlich neue Onshore- Windenergieanlagen mit 10 GW Leistung zu bauen – etwa fünfmal so viel wie aktuell.

Das bedeutet jedoch nicht, dass fünfmal so viel Fläche benötigt wird, sagt Zipf: „Aktuell gibt es 30.000 Anlagen in Deutschland. Wir werden aber trotz der hohen Ausbauziele insgesamt nicht mehr als 40.000 Anlagen brauchen.“ Der Grund: Moderne Windkraftanlagen sind deutlich leistungsstärker als frühere Modelle, haben dafür aber auch höhere Türme und größere Rotorblätter. Repowering spart im Vergleich zum Zubau neuer Anlagen Zeit, Flächen und Ressourcen, weil die neuen Kapazitäten an bereits etablierten und genehmigten Standorten entstehen.

Mega-Windturbinen vor den Küsten

Die zunehmende Windturbinen-Größe trifft sowohl für den Bereich Repowering als auch für neue Windparks zu – vor allem im Offshore-Bereich. Hersteller aus den USA, Europa und China arbeiten daran, vor ihren Küsten die höchsten und leistungsstärksten Windräder der Welt zu bauen. Der US-Konzern General Electric (GE) sowie mehrere chinesische Hersteller haben die Entwicklung von Windrädern mit einer Leistung von bis zu 18 Megawatt angekündigt. Einen Richtwert für die Dimensionen dieser Megaturbinen liefert die China State Shipbuilding Corporation (CSSC). 

Das Unternehmen rechnet vor, dass nur eines ihrer Windräder mit 260 Metern Rotordurchmesser im Jahr 40.000 Haushalte mit Strom versorgen könnte. Eine Umdrehung reiche unter Idealbedingungen etwa aus, um ein E-Auto mit einem 40-kWh-Akku vollständig zu laden. Derweil wollen andere Hersteller noch größere Windräder bauen – Rotordurchmesser von mehr als 280 Metern sind hier geplant.

Doch der technologische Wettlauf hat auch Schattenseiten. 2023 musste Siemens Gamesa, einer der führenden Windanlagenbauer weltweit, aufgrund von Qualitätsmängeln der Turbinengenerationen 4.X und 5.X finanzielle Belastungen in Milliardenhöhe stemmen. In der Folge brach auch der Aktienkurs ein. Ein Insider äußerte sich gegenüber dem Handelsblatt: „Wir hatten kein anderes Produkt, mussten aber nachlegen.“

Ein generelles Problem ist, dass für die Fertigung der immer größeren Windräder meist neue Produktionslinien oder neue Fabriken notwendig sind. Hinzukommende Faktoren sind zum Beispiel Preisdruck, Lieferkettenprobleme sowie langwierige Genehmigungsverfahren. Anders Nielsen, Technikvorstand des Turbinenherstellers Vestas, forderte daher: „Es muss sich was ändern, wir müssen langsamer werden. Und nicht schon wieder die nächstgrößte Turbine rausbringen.“

Für die Fertigung immer größerer Windräder sind oft neue Produktionslinien oder neue Fabriken notwendig

Erneuerung der weiteren Energieinfrastruktur

Damit regenerative Energien auch abends und in windstillen Phasen verfügbar sind, werden nach Schätzung von BNEF bis 2030 insgesamt 411 Gigawatt Stromspeicherkapazität benötigt und damit 15-mal mehr als noch zu Beginn der 2020er Jahre. Auch das Stromnetz ist ein wichtiger Faktor, wie das Research-Unternehmen vorrechnet: Bis 2050 sind für einen effizienten Transport zum Konsumenten 80 Mio. Kilometer an zusätzlichen Stromleitungen nötig. Der Grund sind die oftmals großen Entfernungen der Anlagen zur Erzeugung regenerativer Energien von den Verbrauchsorten. Das gilt insbesondere für Windund Wasserkraft. Auf den Transport großer Energiemengen über hunderte von Kilometern ist das bisherige Stromnetz nicht ausgelegt.

Materialien für moderne Energieinfrastruktur

Ob für die Erneuerung des Stromnetzes oder die Weiterentwicklung von Energiespeichern und Solar- bzw. Windkraftanlagen: Die Technologien samt ihrer elektrischen und elektronischen Komponenten müssen langfristig sicher und verlässlich funktionieren. Wevo bietet dafür Vergussmassen, Klebstoffe, Dichtstoffe und Gap-Filler auf Basis von Polyurethan, Epoxid und Silikon, die je nach individuellen Anforderungen angepasst werden können – zum Beispiel hinsichtlich Wärmeleitfähigkeit, Fließverhalten oder Reaktivität.

Die Materialien ermöglichen für Kondensatoren, Isolatoren oder auch Sensoren unter anderem eine zuverlässige elektrische Isolierung und einen dauerhaften Schutz vor Umgebungsbedingungen, darunter Feuchtigkeit, UV-Strahlung und salzhaltige Luft. Auf diese Weise wird nicht nur der Stromtransport mit der sogenannten Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung (HGÜ) sondern auch die Weiterentwicklung von Technologien für die Zwischenspeicherung von Wind- und Solarenergie möglich.

Technologien für eine regenerative Zukunft

Die Beispiele zeigen: Die Energiewende ist in vollem Gange. Sie in die Tat umzusetzen, ist und bleibt aber eine Herausforderung. Innovative, effiziente, ressourcenschonende Technologien sind dabei wichtige Bausteine – für ein klimaneutrales Morgen.

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Bildnachweise: Bild 1: Massimo Cavallo, Bild 2: Bernhard Lang, Bild 3: Paul-Langrock.de

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